Marienkapelle Schleinsee

"Es gibt kaum einen Punkt, der so weltabgeschieden und still liegt wie dieses Schleinsee. Im Vordergrund der ruhige See, umgrenzt von waldigen Hügeln; darüber recken die Berge des Hochgebirges ihre Häupter empor; nur wenige Bauerngehöfte stehen um die Kapelle, die im tiefen Frieden mit ihrem Dachreiterkuppeltürmchen bescheiden in den Rahmen der Natur sich einpaßt." So schwelgt 1915 schon die Oberamtsbeschreibung, und 1998 heißt es im amtlichen Führer "Der Bodenseekreis": "Schleinsee kommt in den Sinn, wenn man ein Beispiel für Harmonie von Architektur und Landschaft sucht, so schön liegen Kapelle und Kaplaneihaus über dem See. Der kleine Barockbau ... bildet ein stimmiges Ganzes nicht zuletzt deswegen, weil hier ein einzelner Stifter im Laufe weniger Jahre ab 1737 Raum und Ausstattung vollenden ließ. Die Altarbilder in bewegten Aufbauten sind wie die Kapelle Maria geweiht und zeigen eine Himmelfahrt im Chor, flankiert von den Figuren des hl. Johannes von Nepomuk und des hl. Franz Xaver, sowie an den Seitenaltären eine Anbetung der Könige und eine hl. Sippe. Stifter zu eigenem und der Familie Seelenheil war der aus Schleinsee gebürtige Geistliche Rat und Dekan des Landkapitels Wasserburg, Melchior Sauter."

Stiftungen ganzer Kapellen durch Privatpersonen waren eher selten und keine in der Gegend wurde so reich ausgestattet wie Schleinsee. Nachdem Pfarrer Sauter schon zuvor den berühmten Barockbaumeister Franz Anton Beer mit Neubauplänen für Wasserburg betraut hatte, die er dann nicht hat ausführen dürfen, können wir annehmen, daß auch die Pläne für seine Schleinseekapelle von einem der Vorarlberger Meister stammen. Das Kaplaneihaus nebenan wurde 1755 fertiggestellt.

Schauen wir nun auf die drei in schöner Einheit gestalteten Altäre
Über der hingebungsvollen Anbetung der Könige, links, ist im Aufsatzbild der Tod Mariens. Das Hauptaltarblatt mit Mariä Himmelfahrt über den hochgereckten Armen der erstaunten Jünger krönt im Rahmen ein Pelikanwappen, Sinnbild der Hingabe. Den rechten Seitenaltar stiftete 1740 Melchiors Bruder Conrad, der dies auf einem Täfelchen hat festhalten lassen. Dabei gilt das heutige Bild der hl. Sippe aber nicht als das ursprüngliche. Darüber ist hier die Verehrung der Schwarzen Muttergottes von Einsiedeln dargestellt. Die Seitenaltäre werden von zwei Putten und einem Christus- bzw. Marienmonogramm gekrönt, der Hauptaltar von zwei Engeln, dem Heiligen Geist und dem Auge Gottes. Durch das mit goldenen Strahlen und Puttenköpfchen gesäumte Herz-Jesu-Rundfenster scheint früh morgens die Sonne in die Kapelle. Im weiteren Tageslauf beleuchtet sie den Hauptaltar und gibt abends der Anbetungsszene einen warmen Glanz. 

Der hl. Johannes Nepomuk
 wurde in Pomuk geboren und 1380 zum Priester geweiht.Weil er König Wenzel IV. nicht preisgab, was dessen Frau gebeichtet hatte, - so die Legende - wurde er 1393 von der Prager Karlsbrücke in die Moldau gestürzt. Er hilft nun in Wassernöten und gegen Verleumdung. Nepomukstatuen zieren Tausende von Brücken in ganz Europa. 
Der hl. Franz Xaver wurde 1506 in Navarra (Spanien) geboren und wird als einer der größten christlichen Missionare auch "Apostel Indiens und Japans" genannt. Sein letztes Ziel war China, doch stirbt er am 3.Dezember 1552 vor Kanton. Franz Xaver ist Patron der Missionen und der Seereisenden - und verbindet das abgeschiedene Schleinsee mit fernen Welten.

Die "sonstige Ausstattung" besteht - neben den zahlreich zu entdeckenden Details an den Ältären - u.a. aus einem Halbporträt des Hl. Aloisius in einem ovalen Rahmen, aus einem Andreas Brugger zugeschriebenen Bildausschnitt des Hl.Antonius, der dem Jesuskind die Füße küßt sowie einer barocken Statue des Hl. Joseph. Sie ist, ebenso wie die in einer Nische verwahrte gotische Pieta, ein Vermächtnis früherer Pfarrpensionäre. Das an der Rückwand angebrachte Kruzifix hing früher im Chorbogen. 
Ein Porträt im Chor zeigt uns den selbstbewußten Stifter, der weiß, was er da mit Gottes Hilfe und auch zu seiner Ehre geschaffen hat. Und der Wunsch seines Grabsteins in der Wasserburger Kirche hat sich erfüllt: "Mortuus vivus". Sauter blieb durch sein Werk über den Tod hinaus im Gedächtnis. Darin könnte er weiterhin Vorbild bleiben: Wie Besitz und Wunsch nach Selbstdarstellung aufgehen können in einem Werk, über das sich Zeitgenossen und Nachfahren noch heute freuen können!  
Lorenz L. Göser  (nach Elmar L. Kuhn, vgl. Kressbronner Jahrbuch 1986)