Josefskapelle Tunau

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen besonders in der sommerlichen Ferien- und Urlaubszeit diese kleine barocke Kapelle besuchen um sie zu besichtigen und zu beten. Ihre Lage am viel benutzten Bodenseerundweg, eingebettet in Obstgärten und ihre Nähe zu einem gemütlichen Biergarten lädt den Fahrradtouristen und Wanderer zur Einkehr ein.
Das war schon zu Gründungszeiten ein lieblicher Ort, "angenehm, gesund, das Klima milde, die Luft außer dem Bodenseenebel rein, das Erdreich fruchtbar an Getreide, Obst und etwas Wein."
Die Kapelle hat 1659 der Graf Hugo von Montfort erbauen lassen. In der Gründungsurkunde führt er den Bau auf "göttliche Eingebung" zurück. Er habe überlegt was er, nun schon in höherem Alter für seinen eigenen "geistlichen Trost" und dem "Seelenheil der anderer Menschen" tun könne.
Der damalige Bischof von Konstanz, der auch die Kapelle einweihte, forderte für die Erbauung und den Unterhalt der Kapelle Sicherheiten von dem schon damals in Finanznöten geratenen Grafen. Ein weiterer Grund der Stiftung war, dass das damalige Ettenried von der Pfarrkirche in Langenargen durch die damals noch wilde Argen getrennt war und nur ein "schmaler unbefestigter Steg ohne Lehne" über die Argen führte.

Den Namen Tunau bekam der Weiler, der früher Ettenried hieß, von der Gräfin Maria Anna von Montfort, geborene "von Thun", die am 1728 ein ewige Kaplaneipfründe stiftete. Die Gräfin schätzte diesen idyllisch gelegenen Landsitz bei Ausflügen von der Sommerresidenz Langenargen. Das stattliche Haus auf dem Grundstück des heutigen Gasthofes Dorfkrug, war bis 1981/82 das Kaplaneihaus. 
Seit 1957 -  in diesem Jahr wurde die neue Pfarrei Kressbronn von Gattnau abgetrennt -  gehört auch der Kaplaneisprengel Tunau zur Kirchengemeinde Kressbronn. Das Pensionärhaus im Garten der Kapelle wurde erst 1982 gebaut.
Heute begegnet uns die Kapelle außer der südöstlich angebauten Sakristei von 1871 in seiner ursprünglichen Form. Ein Saalbau mit dreiseitigem Chorabschluss, mit einem Türmchen dessen Uhr alle Viertel- und vollen Stunden schlägt. Das Glöckchen, das der Stifter in den Turm hängen ließ, wurde im Zweiten Weltkrieg abtransportiert, heute trägt das Türmchen 2 Glocken.
Im Sandsteinbogen über der Türe lesen wir das Jahr der Erbauung 1659. Sofort fällt der Blick des Besuchers auf den Hochaltar. Das Altarbild wird eingefasst von Holzsäulen mit barocken Schmuckbändern, die durch Kapitelle ihren Abschluss erhalten. Sanft schimmert das Gold der Verzierungen auf dem braun gestrichenen Eichenholz. Auf dem Rundschild im gesprengten Giebel leuchtet das Wappen der Stifter, der Grafen von Montfort, die rote Montfortfahne mit fünfzackiger Krone. Überhöht wird dieses irdische Herrschaftszeichen vom himmlischen Herrschaftszeichen dem Christusmonogrammm mit den drei Kreuzigungsnägeln.
Das Altarbild zeigt die thronende Muttergottes mit Jesus auf ihrem Arm. Über Maria schweben Engel und reichen ihr die Krone, ihr Kopf ist mit zwölf Sternen umkränzt. Maria hält in ihrer Hand einen Kranz aus Rosen, Jesus den Siegerkranz aus Lorbeer.
Auf der linken Seite steht Josef mit einer Lilie in der Hand, auf der anderen Seite Joachim und Anna, die Eltern Mariens. Josef und Joachim halten je ein Spruchband in den Händen. "De qua natus est Jesus qui vocatur Christus" - "von der geboren wurde Jesus, der Christus gerufen wird", ein Glaubensbekenntnis der beiden Männer der hl. Sippe. Beide blicken hinauf zu Maria, der Gottesgebärerin. Die Engel unter Josef und Joachim tragen ein Pergament mit dem Stammbaum Josefs, den wir im Matthäus- und Lukasevangelium nachlesen können.
Gerne würden wir dem Besucher die Namen aller Künstler und die Entstehungszeit der Kunstwerke mitteilen, aber im Laufe der langen Geschichte der Kapelle fanden sich immer wieder Wohltäter, die zum eigenen geistlichen Trost als Spender zur Verschönerung der Kapelle beitrugen. So findet der Besucher in der Kapelle Tunau eine Reihe von Kunstgegenständen aus verschiedenen Zeiten.
Im Chorraum befinden sich zwei Tragefiguren, die auf den Bittprozessionen durch die Fluren getragen wurden: auf der rechten Seite Maria Himmelskönigin auf der linken Seite die hl. Katharina mit dem Rad. Vor allem im ländlichen Raum findet man viele Darstellungen der hl. Katharina.
Fünfzehn Rundbilder aus dem 18. Jahrhundert beschreiben im Chorraum die Geheimnisse des Rosenkranzes. Auf der linken Seite beschreiben zehn Rosenkranzmedaillons die Geheimnisse des freudenreichen und schmerzhaften Rosenkranzes, auf der rechten Seite den glorreichen Rosenkranz. Unter auf den Miniaturmalereien findet man die Namen der Stifter, z.B. Johannes Schimpf oder Gertrud Baumhoffer.
Die beiden Seitenaltäre zeigen noch einmal Maria und Josef: auf der linken Seite Maria, die Himmelskönigin mit den Zeichen ihrer Würde und Macht, dem Sternenkranz und dem Zepter mit dem Jesuskind auf dem Arm, und auf der rechten Seite Josef, den Ernährer und die Stütze der Heiligen Familie. Aus seinem Meterstab, der an seinen Beruf erinnert, wächst eine Lilie, die aufblüht. Dieses Motiv taucht auf vielen Darstellungen des Hl. Josef in der Kapelle auf. Die Lilie, das Symbol der Reinheit und Keuschheit drückt das Besondere der Vaterschaft Josefs und seine besondere Beziehung zu seiner Braut Maria aus.
An der linken Seitenwand befindet sich eine ausdrucksstarke Kreuzigungsgruppe. Besonders beeindruckend ist das Gesicht des leidenden Jesus, wenn man ihn in der Bank sitzend anschaut, man fühlt sich förmlich angeschaut und angesprochen. An der Seite gegenüber findet der Besucher zwei Ölgemälde auf Holz mit Maria und Josef aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Die Bilder des Kreuzweges stammen vom Kressbronner Barockmaler Andreas Brugger, der einige Deckengemälde im Schloss Montfort in Tettnang gestaltet hat.
Das Deckengemälde beschreibt den Tod Josefs. Am Sterbebett stehen Jesus und Maria, am Fußende halten Kinder, Symbol der Unschuld, die blühende Lilie bereit, der Engel am Bett wartet auf Josef und deutet auf die Herrlichkeit Gottes hin.
Das älteste und wertvollste Stück der Kapelle ist das sogenannte GEBO-Kreuz (um 1100), ein romanisches Vortragekreuz. Im Museum in Langenargen können Sie dieses sakrale Kunstwerk bewundern.
Der kleine bescheidene Volksaltar wurde erst 1995 in den Chorraum gestellt. Er zeigt, dass sich hier regelmäßig die Gemeinde zum Lob Gottes versammelt. Die Josefskapelle in Tunau birgt viele Kleinode, sie dient dem Menschen und bleibt ein Gotteshaus an einem besonders schönen Fleck seiner Schöpfung.
Stefan Weigele