Der Weg der Geschichte - Die Pfarrgemeinden Gattnau und Kressbronn

Vielleicht wirkte schon zu Zeiten des hl. Gallus ein Priester in Gattnau. Denn nach einer späteren Legende soll hier der Geistliche Marzellus hiesige Romanen betreut haben. Die Alemannen, die unsere Gegend im 7. und 8. Jahrhundert besiedelten, waren jedenfalls bereits Christen, vom fränkischen König, den alemannischen Herzogen, dem Adel und dem Bischof des neu gegründeten Bistums Konstanz  angeleitet.  Die Siedler im heutigen Gemeindegebiet erhielten aber zunächst keine eigene Kirche, sondern wurden betreut von den „Urkirchen“ in der Nachbarschaft, von Langenargen mit dem fränkischen Reichsheiligen Martin als Kirchenpatron und von Wasserburg mit dem Adelsheiligen Georg als Kirchenpatron. Die südwestliche Teil des Gemeindegebiets mit Gohren und Tunau blieb bis 1957 Teil der Pfarrei Langenargen, im restlichen größeren Teil mussten die Menschen wohl bis ins späte Mittelalter jeden Sonntag Wasserburg, eine Eigenkirche des Klosters St. Gallen, als ihre Pfarrkirche aufsuchen.

Erst im 15. Jahrhundert wird Gattnau als eigene Pfarrei erwähnt, in Erinnerung an die alten Beziehungen erhielt die Pfarrkirche den hl. Gallus als Kirchenpatron.  Die Grafen von Montfort beherrschten seit dem frühen 13. Jahrhundert unser Gemeindegebiet, das als Teil der Grafschaft Tettnang in die beiden sog. Ämter Hemigkofen und Nonnenbach aufgeteilt war. Im Lauf der Jahrhunderte entstand ein Kapellenkranz um die Pfarrkirche, beginnend wohl schon im 15. Jahrhundert in Hemigkofen an der vielbefahrenen Landstraße von Ulm, Ravensburg nach Lindau eine Kapelle zu Ehren des Hl. Eligius, des Schutzpatrons der Schmiede und Fuhrleute, die dann 1748 durch einen barocken Neubau ersetzt wurde, 1600 in Betznau zu Ehren des Pestheiligen Sebastian, 1659 in Ettenried, dem späteren Tunau, zu Ehren der Hl. Josef und Joachim und schließlich 1737 in Schleinsee eine Marienkapelle. Damit in diesen Kapellen regelmäßige Gottesdienste gehalten werden konnten, stifteten die Grafenfamilie von Montfort 1714 Kaplaneipfründen in die Kapelle Hemigkofen und 1728 in Tunau, der aus Schleinsee gebürtige Dekan Melchior Sauter 1746 in die dort von ihm errichtete Kapelle.

Nach dem Übergang der Grafschaft Tettnang an Österreich 1780 stellte man fest, dass die Pfarrkirche in Gattnau die Gläubigen nicht mehr fasse und zudem baufällig sei. Man erwog, die neue Kirche in Hemigkofen als größtem Ort der Pfarrgemeinde zu bauen, entschloss sich aber dann doch zu einem Neubau wieder in Gattnau 1787-91 mit einer frühklassizistischen Innenausstattung und einer Ausmalung durch den aus Kressbronn gebürtigen Maler Andreas Brugger. Mit der politischen Neuordnung und dem Übergang der beiden Gemeinden Hemigkofen und Nonnenbach an das Königreich Württemberg 1810 schied die Pfarrei Gattnau aus dem bisherigen, bis nach Vorarlberg reichenden Landkapitel Lindau aus und wurde 1812 in das neugebildete und dem Oberamtsbezirk entsprechende Dekanat Tettnang eingegliedert. 1817 trennte Württemberg seine katholischen Pfarreien vom Bistum Konstanz ab und fasste sie zunächst im Generalvikariat Ellwangen und ab 1821 im Landesbistum Rottenburg zusammen, das 1828 seinen ersten Bischof erhielt

Die schadhaft gewordene Pfarrkirche wurde 1902/03 renoviert und umgebaut und erhielt eine neue Ausmalung. Doch die Katholiken des unteren Teils der Pfarrgemeinde strebten den Neubau einer Kirche in Hemigkofen an, ein Plan, der durch die Inflation von 1923 zunächst zunichte wurde. Er konnte dann 1937 mit dem Kirchenbau neben der Barockkapelle an der Landstraße und der alten Grenze der Gemeinden Hemigkofen und Nonnenbach realisiert werden, die 1934 zur Gemeinde Kressbronn vereinigt wurden. Ausgerechnet in der NS-Zeit konnte in Kressbronn eine Kirche gebaut werden, auf deren Turm das Kreuz die Weltkugel überragte.
Es war dann eine Konsequenz des weiteren Wachstums des Gemeindehauptortes, dass 1957 das südliche Gemeindegebiet als eigene Pfarrei Kressbronn von der Gattnauer Mutterpfarrei abgetrennt wurde und auch der bisherige Langenargener Pfarranteil mit Gohren und Tunau der neuen Pfarrei angegliedert wurde. 
Elmar L. Kuhn